Christina Schmid
Konzeption und Gestaltung

Very

Ja, es gibt mich noch. Auch wenn ich mich schon lange nicht mehr von Kopf bis Fuß gesehen habe, der Spiegel in der WG ist zu klein. Die Geschichten schreibe ich nur noch im Kopf, die Tage und Erlebnisse ziehen vorbei, ohne dass ich ein Foto mache. Dabei passiert hier doch immer was.

Viel zu tun bei Pentagram: Bobby’s Burger Palace braucht Verpackungen für Hamburger, Fries, Fingerfood, Soft-Drinks und Napkins. Das Museum of Art and Design will Tüten und Kisten in allen Größen für den Museumsshop. Der Annual Report muss zu Channel Thirteen (zwanzig Blocks westlich von hier und es regnet New Yorker Regen – ich brauche dringend Gummistiefel). Dies und das muss hier und dort hin. Das muss geklebt, gecuttet, gescannt, fotografiert, gedoubblecheckt werden. Bevor der Fotograf fürs Portfolio fotografieren darf, sollen Vorfotos vom gewünschten Bildaufbau gemacht werden. Für Meetings braucht man Kaffee, Tee, Milch (non fat, fat reduced, half-half, whole oder organic?) die fünf gängigen amerikanischen Zuckersorten, Früchteteller, Muffins, Croissants und Cookies vom Edelkonditor, Orangensaft – und bitte alles im richtigen Layout drapiert. Was wäre Pentagram ohne seine Praktikanten?

Trotz langer Arbeitstage gewöhne ich mich an Feierabendprogramm. Bei einer Recherche nach Illustratoren und Cartoonisten für das Redesign des Atlantic Magazins, stoße ich auf eine Veranstaltung in einem kleinen Buchladen: Die beiden Verfasser von ›Monseur Jean‹, einem berühmten französischen Comic-Charakter, sind aus Paris angereist, um den New Yorker Comicfans (hauptsächlich selbst Cartoonisten) zu erzählen, dass sie wirklich ALLES zusammen zeichnen und schreiben. Und ich bin nun im Besitz meines ersten Comicbuchs.

Im sonntäglich überfüllten Guggenheim Museum bleiben Matt und mir (beide notorische Zuspätkommer) 40 Minuten für eine überkitschige Autoexplosion in der Eingangshalle und tolle Sprengstoffkunst von Cai Guo-Qiang.

Endlich ist das Justice Konzert, das ich in Berlin verpasst hatte. Ich weiß nicht, wie oft ich Pete auf dem Weg nach den Tickets frage – am Ende verliert er sie doch. Das Gute an Onlinetickets: Wir können sie nochmal ausdrucken, im Copyshop. Glück gehabt, das Konzert ist großartig, trotz der Sitze um uns herum.

Am Samstag gleich zum nächsten Konzert ins Studio B zu Fixed und Cut Copy.

Ich träume noch auf Deutsch, mit Ausnahme einer Horrornacht, in der alle auf Englisch auf mich einreden und ich nichts, gar nichts mehr verstehe. Aber es gibt ja Wecker und in unserer WG gleich drei, die jeden Morgen um die Wette klingeln und jeder hört die anderen mit dem Wachwerden kämpfen.